Zwei Exemplare des reptilienähnlichen Amphibs Seymouria sanjuanensis, 1997 am Bromacker entdeckt.

290 Millionen Jahre alte Grabgänge und Skelettteile

Paläontologisches Ausgrabungsprojekt am Thüringer Bromacker​ gestartet
Zwei Exemplare des reptilienähnlichen Amphibs Seymouria sanjuanensis, 1997 am Bromacker entdeckt.
Foto: Oliver Wings
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Meldung vom: | Verfasser/in: Susanne Hörr

Nach zehn Jahren wird an der Fossillagerstätte "Bromacker" wieder gegraben und geforscht. Die Funde der Testgrabung, die vom 12. bis zum 25. Oktober 2020 lief, sind vielversprechend: Wurzeln, Grabgänge und einzelne Skelettteile kamen nach etwa 290 Millionen Jahren wieder ans Tageslicht. Als besonderen Fund stufen die Forschenden Grabbauten ein, die noch nicht näher bekannte Tiere des Perm hinterlassen haben.

Bei einem informellen Treffen auf dem Bromacker haben die Projektpartner am 23. Oktober allen regionalen und überregionalen wissenschaftlichen und politischen Akteuren herzlich gedankt, durch deren Unterstützung dieses wegweisende Projekt realisiert werden konnte. "Das kleine Tambach-Dietharzer Sedimentbecken stellt in seiner Schichtenfolge und durch seine Fossilien ein einzigartiges Schaufenster in die Erdgeschichte dar. Es reiht sich ein in eine Kette von Becken, die sich entlang des Nordrandes eines inzwischen längst abgetragenen Gebirgszugs vom Ural bis nach Mexiko erstreckte. Die harschen klimatischen Bedingungen im Inneren des neu entstandenen Superkontinents Pangäa stellten die Inland-Ökosysteme vor zahlreiche Herausforderungen und verlangten von ihren Bewohnern Innovation und Anpassungen. Darin erkennen wir zahlreiche Parallelen zur Gegenwart," sagte Prof. Dr. Christoph Heubeck von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Unter dem Titel „Öffnen von Wissenschaft: Neue Wege des Wissenstransfers am Beispiel des Forschungsprojekts Bromacker“ startete im August das Kooperationsprojekt der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, des Museums für Naturkunde Berlin - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Nationalen GeoParks Thüringen Inselsberg-Drei Gleichen. Das einzigartige Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und soll bis 2025 detaillierte Einblicke in das Leben früher Landwirbeltiere und in ihre Umwelt geben.

„Für die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha ist die Fortsetzung der Grabungen von großer Bedeutung, stehen diese doch in einer langen Tradition der Sammlungen und Wissenschaften in Gotha. Geologische Exponate waren Teil der historischen Kunstkammer und bereits 1833 wurde die erste Fährtenplatte durch Herzog Ernst I. von Sachsen Coburg und Gotha erworben. Neben der wissenschaftlichen Erforschung, die gemeinsam mit unseren Partnern stattfindet, ist für uns die Wissensvermittlung an ein möglichst breites Publikum ein wesentlicher Baustein des Projekts. Hierfür werden wir neben klassischen Formaten auch neue Möglichkeiten entwickeln, die sowohl partizipativ als auch digital jeden Interessierten am Bromacker-Projekt teilhaben lassen,“ sagte Dr. Timo Trümper, der Direktor Wissenschaft und Sammlung der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha.

Forschung unter Einbeziehung der Öffentlichkeit

Nicht nur das, was die Paläontologen aus der Erde graben, macht das Projekt besonders, sondern auch wie die Öffentlichkeit daran teilhaben kann. Ziel des Bromacker-Forschungsprojekts ist es, auf Augenhöhe zu forschen und mittels einer klugen und ansprechenden Verzahnung der Forschungsfelder Naturwissenschaft und Wissenstransfer die Öffentlichkeit von Beginn an teilhaben zu lassen. Mit neuen Arten der Wissenschaftskommunikation möchte sich die Forschung öffnen: So wird es neben einem Bromacker Lab(oratorium) auch digitale Medien und Führungen zur Ausgrabungsstelle sowie Einblicke in die Live-Präparation und Live-CT-Scans von Fossilien geben. Im Verlauf des Projektes soll es voraussichtlich für Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler die Möglichkeit geben, an Forschungsaufgaben mitzuwirken.

Die Fossillagerstätte „Bromacker“ zwischen den Gemeinden Tambach-Dietharz und Georgenthal im Thüringer Wald ist seit mehr als 100 Jahren bekannt. Sie ist eine der bedeutendsten und produktivsten Fossillagerstätten weltweit und einzigartig, wenn es um erstklassig erhaltene, dreidimensionale Wirbeltierfossilien und eine außerordentlich große Artenvielfalt im frühen Perm vor etwa 290 Millionen Jahren geht.

Ziel der Testgrabung war es, eine geologische und geophysikalische Erkundung des Grabungsareales und der Umgebung vorzunehmen. Ab 2021 wird dann regelmäßig mehrere Wochen im Jahr an der Fundstelle gearbeitet. Die während der Grabung geborgenen Funde werden in den nächsten Jahren in Berlin und Gotha präpariert und analysiert. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten sollen in innovativen Kommunikationsformaten an den einzelnen Einrichtungen der Projektpartner präsentiert werden.

Kontakt (an der Uni Jena):