Hannah Büttner (r.) und Sarah Niehs sind Erstautorinnen der Studie.

Mikroben vereint gegen den Feind

Naturstoff-Forschende untersuchen, wie ein Bakterien-Toxin einen Pilz vor Würmern schützt
Hannah Büttner (r.) und Sarah Niehs sind Erstautorinnen der Studie.
Foto: Maren Ertingshausen
  • Life
  • Forschung

Meldung vom: | Verfasser/in: Monika Kirsch

Mit Fluoreszenz-Mikroskopie spürten die Forschenden die Bakterien (grün) in den Hyphen des Pilzes (blau) auf.
Mit Fluoreszenz-Mikroskopie spürten die Forschenden die Bakterien (grün) in den Hyphen des Pilzes (blau) auf.
Foto: Leibniz-HKI

Die Lebensgemeinschaft mit einem Bakterium schützt einen Pilz der Gattung "Mortierella" vor seinem Fressfeind – einem Fadenwurm. Da Pilze dieser Gattung vor allem in gesunden Böden vorkommen, bieten die Ergebnisse neue Möglichkeiten für eine naturnahe Landwirtschaft. Ein internationales Forschungsteam um Prof. Dr. Christian Hertweck berichtet im Fachjournal "PNAS" über die verborgene Dreiecksbeziehung.


Jenaer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Sonderforschungsbereichs "ChemBioSys"Externer Link haben jüngst eine außergewöhnliche mikrobielle Zweckgemeinschaft ausfindig gemacht, der sie über die Analyse von Naturstoffen auf die Spur gekommen sind. Im Pilz Mortierella verticillata kommt eine giftige Substanz vor, die in ganz ähnlicher Form auch von einem Bakterium gebildet wird. Das machte das Team stutzig: „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass so unterschiedliche Organismen wie Pilze und Bakterien solch ähnliche Naturstoffe bilden“, sagt Christian Hertweck, Professor für Naturstoffchemie der Universität Jena und Abteilungsleiter am Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – (Leibniz-HKI).

Der Verdacht lag nahe, dass der Pilz die Substanz nicht allein produiert, sondern mit einem bislang verborgenen Mitspieler. Mittels Fluoreszenz-Mikroskopie wurden die Forschenden fündig: In den Hyphen des Pilzes lebt ein bisher nicht beschriebenes Bakterium, das sie Candidatus Mycoavidus necroximicus nannten. „Der Fund befeuerte unseren Verdacht, dass nicht der Pilz das Toxin bildet, sondern das Bakterium im Innern des Pilzes“, berichtet Hannah Büttner, Doktorandin in Hertwecks Gruppe und eine der Erstautorinnen der Studie.

Detektivische Laborarbeit

Um zu untersuchen, ob tatsächlich das Bakterium für das Toxin – Necroxim genannt – verantwortlich ist, war Detektivarbeit gefragt. Das Forschungsteam führte eine Reihe vergleichender Untersuchungen im Labor durch. „Wir haben den Pilz mit Antibiotika behandelt, um das Bakterium im Innern des Pilzes abzutöten. Anschließend haben wir das metabolische Profil mit dem des unbehandelten Pilzes verglichen. Bei dem bakterienfreien Pilz konnte das Necroxim nicht mehr detektiert werden“, erklärt Büttner. Das Bakterium im Innern des Pilzes ist von diesem abhängig. Ohne seinen Wirt ist es nicht kultivierbar. Den Forschenden gelang es jedoch, bakterielle DNA aus den Hyphen des Pilzes zu isolieren und das Genom des neu entdeckten Bakteriums zu entschlüsseln. 

Die Forschenden nehmen an, dass der Pilz mithilfe des vom Bakterium gebildeten Toxins vor Fressfeinden wie Fadenwürmen geschützt wird, die ebenso wie der Pilz in Böden vorkommen. Bei Experimenten mit diesen Nematoden zeigte sich die toxische Wirkung: In Gegenwart der Toxin-bildenden Bakterien werden die Würmer abgetötet.

Information

Original-Publikation:

Büttner H, Niehs SP, Vandelannoote K, Cseresnyés Z, Dose B, Richter I, Gerst R, Figge MT, Stinear TP, Pidot SJ, Hertweck C (2021) Bacterial endosymbionts protect beneficial soil fungus from nematode attack. Proc Natl Acad Sci U S A, 118 (37) e2110669118, doi.org/10.1073/pnas.2110669118Externer Link

Kontakt:

Christian Hertweck, Univ.-Prof. Dr.
vCard
Professur für Naturstoffchemie
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie
Beutenbergstraße 11a
07745 Jena Google Maps – LageplanExterner Link