Prof. Allen nutzt Methoden der Physik, um Ergebnisse aus mikrobiologischen Experimenten zu erklären.

Mit mathematischen Gleichungen Bakterien kontrollieren

Rosalind Allen ist neue Professorin für Theoretische Mikrobielle Ökologie
Prof. Allen nutzt Methoden der Physik, um Ergebnisse aus mikrobiologischen Experimenten zu erklären.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)
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Meldung vom: | Verfasser/in: Nora Brakhage

Ein tiefgreifendes Verständnis darüber, wie Bakterien in verschiedenen Umgebungen wachsen, überleben oder sterben, kann die Behandlung von bakteriellen Infektionen grundlegend verändern. „Es ist wichtig, Antibiotika zielgerichtet einzusetzen, denn zu viele Fehlbehandlungen können zu Resistenzen führen", erklärt Prof. Dr. Rosalind Allen. Sie ist seit kurzem Professorin für Theoretische Mikrobielle Ökologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und mit ihrem Team im Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“ angesiedelt. 

Eine Kombination aus Physik und Mikrobiologie

Prof. Allen wechselte von der University of Edinburgh an die Universität Jena. Ihren Einstieg in die Wissenschaft bildete ihr Chemie-Studium an der Universität Cambridge, anschließend wechselte sie das Fach und wurde Physikerin. In ihrer Forschung kombiniert sie ihre Fachgebiete: Prof. Allen nutzt Methoden aus der Physik, um aktuelle Erkenntnisse aus mikrobiologischen Experimenten zu erklären. Genauer gesagt, beschreibt sie mit Gleichungen, wie Bakterien in verschiedenen Umgebungen wachsen und welchen Einfluss dies auf die Wirkung von Antibiotika hat.

Die einfache Vorstellung, wonach Antibiotika Bakterien abtöten, ist in Wirklichkeit viel komplexer", sagt Prof. Allen. Bakterien wachsen in ganz unterschiedlichen Umgebungen, wie zum Beispiel im menschlichen Darm oder im Boden, aber auch in medizinischen Implantaten oder Kathetern. Je nach Umgebung wachsen Bakterien aber unterschiedlich schnell. Gleichzeitig beeinflusst die Wachstumsgeschwindigkeit der Bakterien die Wirkung von Antibiotika. Was also in der einen Umgebung zur Abtötung von Bakterien führt, kann in einer anderen völlig unwirksam sein. Prof. Allen versucht mit ihrer Forschung, die Gründe hierfür herauszufinden. Indem sie die bakteriellen Wachstumsprozesse in mathematische Gleichungen umwandelt, lassen sich Erkenntnisse gewinnen, die aus rein biologischer Sicht vielleicht nicht möglich gewesen wären. 

Ein weiterer Vorteil davon, Biologie und Physik zu kombinieren, ist, dass sich komplexe Prozesse so visualisieren und damit vergleichen lassen. Die Formel für die Wechselwirkung von Bakterien mit Antibiotika könnte beispielsweise einer Formel ähneln, die den Angriff auf eine Bakterienpopulation durch einen Feind beschreibt und wäre aus rein biologischer Sicht möglicherweise nicht erkannt worden. „Wir wollen systemübergreifende Konzepte finden, die sonst möglicherweise übersehen werden“, fasst Prof. Allen zusammen. Das Konzept, zwei auf den ersten Blick unterschiedliche Prozesse miteinander zu vergleichen, passt sehr gut in den Microverse-Cluster, der verschiedene Forschungsbereiche miteinander verbindet.

Große interdisziplinäre Möglichkeiten im Microverse-Cluster

Eines meiner Ziele ist es, einen geschickten Weg zu finden, um bakterielle Infektionen gezielt mit Antibiotika zu behandeln. Zurzeit gibt es klinische Richtlinien, die beschreiben, welches Antibiotikum bei welcher Infektion eingesetzt werden sollte. Doch diese basieren nicht immer auf einem detaillierten Verständnis darüber, wie die Bakterien auf das Antibiotikum reagieren“, erklärt Prof. Allen. Die Wissenschaftlerin freut sich auf die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen des Universitätsklinikums, die ebenfalls zum Microverse-Cluster gehören. Im Rahmen dieser fachübergreifenden Zusammenarbeit soll das Thema von einem praktischen Standpunkt aus beleuchtet werden.

Prof. Allen interessiert sich ebenfalls dafür, wie verschiedene Arten von Mikroben im Boden, im Meer, auf Pflanzen oder im Menschen zusammenwirken. „Jena ist eine Hochburg des Fachwissens für mikrobielle Interaktionen, und ich möchte mit Hilfe mathematischer Modelle vorhersagen, wie sich diese Interaktionen auf die Stabilität der natürlichen Umwelt und auf die Gesundheit von Menschen und Pflanzen auswirken“, sagt sie. Jemanden wie Prof. Rosalind Allen im Microverse-Cluster zu haben, bietet die Möglichkeit, Forschende fachübergreifend zu verbinden und neue Gemeinsamkeiten zwischen Wissensgebieten zu entdecken.

Darüber hinaus wird sich Prof. Allen in der Lehre im Masterstudiengang „Mikrobiologie“ engagieren und Studierenden die Modellierung in der Mikrobiologie nahebringen.

Seit ihrem Umzug nach Jena hatten Prof. Allen und ihre Familie bereits etwas Zeit, um die Stadt zu erkunden. Mit zwei Töchtern erfreut sich die Familie besonders am Galaxsea-Schwimmbad sowie der schönen Natur rund um Jena.

Kontakt:

Rosalind Allen, Prof. Dr.
Institut für Mikrobiologie