In Vorbereitung des 450. Universitätsjubiläums im Jahr 2008 bestand das Hauptziel der interdisziplinären Arbeitsgruppe in einer umfassenden Darstellung der Jenaer Universitätsgeschichte im 20. Jahrhundert. Die für diesen Zeitraum nur in Umrissen und Teilaspekten bekannte wissenschaftliche, soziale und politische Wirklichkeit der Universität galt es, vor allem mit dem Blick auf übergreifende essenzielle Fragen, wie das Verhältnis von Kriegserfahrung und wissenschaftlicher Arbeit, die Schwerpunkte Universität im Nationalsozialismus und in der DDR-Zeit sowie die akademischen Eliten im politischen Umbruch, zu erhellen - Problemfelder, bei denen die Forschung in besonderem Maße auf Ablehnung, Verdrängung und Legendenbildung wie umgekehrt auf Aufklärungswillen und Informationsbedürfnis stößt.
Dies erforderte eine Verzahnung von traditionellen universitätsgeschichtlichen mit sozial-, wissenschafts- und bildungsgeschichtlichen Herangehensweisen und schloss die Frage nach individuellen und kollektiven Mentalitäten im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik ein. Dabei blieb der Blick stets vergleichend auf die deutsche Universitätslandschaft im ganzen und auf analoge Entwicklungen im speziellen gerichtet. Generell wurden besondere wissenschaftliche Leistungen in ihrem Entstehungskontext gewürdigt.
Die Frage nach Idee und Funktion der Universität sowie nach Charakter und Selbstverständnis von Wissenschaft erschloss sich dabei über drei ineinander greifende Ebenen:
- Verfassungs- und Institutionenentwicklung als Makrogeschichte der Universität inihrem äußeren Verhältnis zur jeweiligen staatlich-politischen Ordnung;
- Die Politisierung von Wissenschaft und Universität;
- Das Verhältnis von Universität und wissenschaftlicher Großindustrie/Stadt und Region im spezifischen Jenaer Kontext.
Zur schrittweisen Realisierung dieses Vorhabens gehörte die regelmäßige Durchführung thematisch verdichteter Kolloquien unter Beteiligung auswärtiger Vertreter hochschulgeschichtlicher Forschung und die koordinierende Zusammenarbeit mit einem die Kommission unterstützenden Fakultätenbeirat. Aufgaben waren hierbei zunächst die Erfassung und Koordinierung bereits laufender Arbeiten zu Thema, später dann die Vergabe von Magisterarbeiten und Dissertationen, schließlich auch die Erschließung von Zeitzeugenmaterial insbesondere mit Hilfe der Vereinigung ehemaliger Jenenser Studenten".