Universitätsbibliothek Leuven

Studieren in Leuven

Ein erstes Zwischenfazit nach 3 Wochen...
Universitätsbibliothek Leuven
Foto: Bastian Bunzeck
  • Studium

Meldung vom:

Die ersten 3 Vorlesungswochen sind vorbei, und ich denke, dass ich aus den ersten Eindrücken ein vorläufiges Fazit ziehen kann. Ich bin wahnsinnig begeistert von der KU Leuven, den Studienmöglichkeiten, der Qualität der Lehrveranstaltungen und dem ganzen Drumherum. Aber von vorne:

Der Einstieg

Meine Kurse musste ich ja schon wählen, als ich noch in Jena war. Glücklicherweise haben sich keine kurzfristigen Änderungen ergeben, sodass ich alles so belegen kann, wie ich es mir vorgestellt habe. Frau Kerstens, die Erasmus-Koordinatorin in Leuven, warnte mich jedoch bei der ersten Infoveranstaltung - da ich fast nur Kurse aus dem Advanced Master Programm gewählt habe, muss ich Unterschriften von allen Lehrpersonen einholen, um zu bestätigen, dass ich wirklich teilnehmen darf. Das hat mich - ehrlich gesagt - stark überrascht und erschrocken. Glücklicherweise haben alle Lehrkräfte nach einer kurzen Beschreibung meines Hintergrunds und meiner Vorkenntnisse zugestimmt. Manchmal hilft es also einfach, lieb nachzufragen, und plötzlich ist viel mehr möglich, als man zuerst gedacht hat.

Meine Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2021/2022

  • Cognitive Science

    In dieser Vorlesung geht es um das interdisziplinäre Feld Cognitive Science - das beinhaltet Psychologie, Neurowissenschaften, Philosophie, Linguistik, Informatik (Künstliche Intelligenz) und Mathematik. Die Vorlesung selbst ist eine Reise durch die letzten 200 Jahre der Kognitionswissenschaften und behandelt sowohl historische Entwicklungen als auch moderne Durchbrüche im Bereich der Simulation intelligenten Verhaltens. Sie wird live gehalten und gleichzeitig als Aufzeichnung zur Verfügung gestellt.

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  • Linguistics and Artificial Intelligence

    In dieser Vorlesung mit dazugehöriger Übung geht es um die Schnittstelle Sprachwissenschaft-KI. Wo werden sprachwissenschaftliche Verfahren in intelligenten Systemen angewandt? Welche Ansätze zur Modellierung von Sprache waren früher en vogue, in welche Richtung entwickelt sich das Feld? Die Vorlesungen werden live gehalten und aufgezeichnet, die Übungen bestehen aus selbstständig zu bearbeitenden Jupyter-Notebooks, die unter Anleitung oder zuhause gelöst werden können.

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  • Lexical Semantics and Lexicology

    In diesem Seminar geht es um lexikalische Semantik - Wortbedeutung(en). An der KU Leuven wird im Rahmen des Projekts Nephological SemanticsExterner Link ein neuer Ansatz zur Analyse von Wortbedeutungen in authentischen Sprachdaten entwickelt, und dieser Kurs ermöglicht es, diese neue Technologie direkt auszuprobieren. Das Seminar wird ausschließlich in Präsenz angeboten.

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  • Methods of Corpus Linguistics

    Dieses Seminar beschäftigt sich mit den Methoden der Korpuslinguistik - der Analyse linguistischer Phänomene mit einer großen Menge authentischer Sprachdaten. Dabei geht es insbesondere um Sprachvarietäten, also klar abgrenzbare Versionen von Sprachen, die ein spezifisches Merkmal aufweisen (beispielsweise akademisches Englisch oder Niederländisch). Die statistische Programmiersprache R wird für praktische Übungen genutzt. Alle Seminarsitzungen werden aufgezeichnet und online zur Verfügung gestellt, zusätzlich gibt es weitere Erklärvideos zu den statistischen Verfahren.

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  • Cultural Semiotics

    Dieses Seminar ist für mich definitiv das außergewöhnlichste, da es sich außerhalb meiner üblichen Studieninteressen befindet. Zumindest für mich macht es das aber noch interessanter. Die kulturelle Semiotik beschäftigt sich mit Zeichen und unserer Interpretation dieser Zeichen. Das klingt abstrakt, ergibt aber plötzlich Sinn, wenn der Professor einen Bogen von einer Leuvener Kneipe ("Marengo") über Napoleons Pferd (auch "Marengo") zu den Marengo-Prozessen gegen Mitglieder der Niederländisch-Marokkanischen Mafia schlägt. Das Seminar wird nur in Präsenz angeboten, auf der e-Learning Plattform Toledo stehen aber die Videos vom letzten Semester zur Verfügung.

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  • Natural Language Processing

    Die Vorlesung in Natürlicher Sprachverarbeitung beschäftigt sich mit state-of-the-art Methoden der aktuellen Sprachtechnologie. Für Studierende mit geringen Vorkenntnissen (wie mich) gibt es einen Zusatzkurs, der in maschinelle Lernverfahren einführt, was ziemlich praktisch ist. Begleitet wird die Vorlesung von Übungssessions, in denen wir die beschriebenen Verfahren auf Papier und programmiertechnisch umsetzen und ausprobieren. Sowohl Vorlesung als auch Übung werden in Präsenz abgehalten, aber auch als Video zur Verfügung gestellt.

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Schwierigkeitsgrad und Aufwand

"Studying in Leuven - Tips and Tricks" war der Name einer Veranstaltung in der Einführungswoche, die eigentlich nur dazu diente, uns Ersties Angst zu machen. Viel Angst. Sehr viel Angst. Die Tradition der Universität, die guten bis sehr guten Plätze in internationalen Rankings und der Selbstanspruch, die klügsten Köpfe Flanderns anzulocken, wurden als Gründe für den hohen Schwierigkeitsgrad der Universität angeführt. Nach 3 Wochen kann ich sagen, dass sich das nur teilweise bewahrheitet hat.

Das Unterrichtstempo ist hier definitiv höher, als ich es aus Jena gewohnt bin. Es wird einfach in einer Vorlesung viel mehr Stoff durchgenommen, sodass man sich noch stärker bemühen muss, nicht den Anschluss zu verlieren. Ich beobachte mich selbst dabei, wie ich Vorlesungen tatsächlich vor- und nacharbeite, was ich in Deutschland noch nie in diesem Umfang gemacht habe. Dafür lernt man aber auch tatsächlich mehr (Überraschung!). Außerdem ist die Unterstützung, die man erfährt, bedeutend größer. In allen Kursen werden Einführungsmaterialien und weiterführende Literatur bereitgestellt, es gibt Diskussionsforen und immer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Im Endeffekt würde ich nicht sagen, dass das Studium hier schwieriger ist, aber es ist definitiv anstrengender, da man wirklich vom ersten Tag an arbeiten muss, und nicht das ganze Semester chillen und dann in den letzten 3 Wochen alles mit Bulimielernen retten kann. 

Räumlichkeiten und technische Ausstattung

Die Universität Leuven hat viele schöne Gebäude, beispielsweise die Universitätshalle im Stadtzentrum oder die Universitätsbibliothek am Ladeuzeplein (siehe Fotos weiter unten). Die meisten Lehrveranstaltungen finden aber in funktionalen Gebäuden aus den 1970ern und 1980ern statt. Diese haben alle witzige Namen, die nichts über den Standort verraten (De Valk 3, Erasmushuis, Quadrivium, Mgr. Sencie Instituut, etc.), und sind in der ganzen Stadt verteilt. Das Konzept einer Stadtuniversität ist mir aus Jena eigentlich bekannt, aber hier in Leuven wird das ganze auf die Spitze getrieben. An jeder Ecke steht irgendein Universitätsgebäude. Inzwischen finde ich den Weg aber auch ohne Google Maps, man muss es nur erstmal alles herausfinden.

Während die Hörsäle nicht besonders spektakulär aussehen (wie aus Jena gewohnt, Hörsaal ist Hörsaal), ist die technische Ausstattung fantastisch. In jedem Hörsaal gibt es (logischerweise) Beamer und Tonanlage, aber auch eine Kamera. Mit nur einem Klick kann die Lehrperson die Aufnahme auslösen und danach automatisch auf Toledo, der Online-Plattform der KU Leuven, zur Verfügung stellen. So funktioniert hybride Lehre stressfrei und einfach.

Covid-19 an der KU Leuven

Apropos hybride Lehre - wenn man an der KU Leuven ist, denkt man, Corona wäre endlich vorbei. Da in Flandern die Impfquote bei rund 80% liegt, ist die Maskenpflicht in der Stadt, in Geschäften und Restaurants aufgehoben. Clubs und Bars haben endlich wieder ganz normal geöffnet, lediglich in den öffentlichen Verkehrsmitteln und in den Universitätsgebäuden muss man noch eine Maske tragen. Wer darauf keine Lust hat, kann 90% der Lehrveranstaltungen aber auch online folgen, da Vorlesungen routinemäßig zur Verfügung gestellt werden und die Aufzeichnungstechnik fehlerfrei funktioniert. Falls sich die Lage nochmal verschlechtern sollte, wäre es sehr einfach, auf Distanzlehre umzuschwenken. Hier macht die KU Leuven wirklich alles richtig.

Universitätsbibliothek Leuven
Foto: Bastian Bunzeck
Vorlesungsgebäude De Valk 3
Foto: Bastian Bunzeck
Vorlesungsgebäude Erasmushuis
Foto: Bastian Bunzeck
Hörsaal in De Valk 3
Foto: Bastian Bunzeck