Jirina van Leeuwen-Turnovcová

Prof. Dr. Jirina van Leeuwen-Turnovcová

Former Professor of Slavonic Studies (Linguistics) at the Faculty of Arts
Jirina van Leeuwen-Turnovcová
Image: Anne Günther (University of Jena)

Prof. Dr. Jirina van Leeuwen-Turnovcová

»Zu viele Buchstaben.«

Werdegang

Erster und zweiter Studienabschluss
Freie Universität Berlin

1983 · Promotion
Freie Universität Berlin

1986 bis 1988 · DFG-Stipendiatin

1994 · Habilitation

1994 · Erste Professur
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main

1997 bis 2017 · Professur
Friedrich-Schiller-Universität Jena

seit 2017 · Professorin im Ruhestand

Interview

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin? Weshalb haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?

Es gefiel mir die Möglichkeit, neues zu schaffen, und ich hatte den Vorteil, dass ich vieles nicht kannte, so dass ich neues dort fand, wo bereits scheinbar alles klar war, wo man keine Fragen mehr gesehen hat. Für die Wissenschaft habe ich mich aber letztlich deshalb entschieden, weil ich mich außerhalb der Universität nicht wohl gefühlt habe. Ich wollte in einem demokratischen Milieu sein. Ich habe durch die Wissenschaft meine Existenz sichern müssen. Am liebsten wäre ich Lektorin geblieben und hätte parallel wissenschaftliche Forschung betrieben.

Welche Vorbilder haben Sie beruflich geprägt?

In negativer wie positiver Weise waren das mein Vater und mein Doktorvater. Der eine als leistungsorientierter Sozialist mit – kulturell gesehen – protestantischer Moral, der zweite als ein absoluter Reaktionär, der mich aber als Ausländerin machen ließ und mich nicht wegen meiner sprachlichen Defizite malträtiert hat; er sah kein Problem darin, meine Texte auch grammatisch zu korrigieren. Das Wesentliche aber war psychologisch: Ich musste mich durchsetzen. Besser wäre es gewesen, von jemandem zu lernen.

Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg zur Professur am meisten geholfen? Welche resp. wessen Unterstützung war Ihnen besonders wichtig?

Meine Ausdauer und die Unterstützung zweier Männer – Professoren meines Faches.

Akademische Karrieren sind oftmals von einem großen Maß an Unsicherheit geprägt. War das bei Ihnen auch der Fall – und wie sind Sie damit umgegangen?

Ich war nicht erfahren in der akademischen Welt, da ich praktisch bis zu meinem 38. Lebensjahr meine Existenz durch nicht akademische Arbeit habe bestreiten müssen. Also habe ich auch viele Defizite im institutionellen Sinne gehabt.

Für wie wichtig halten Sie Networking in Ihrem Beruf? Gibt es eine besondere Strategie, die Sie dabei verfolgen?

Ich halte Networking für sehr wichtig, aber ich bin nicht zur Bildung von Networks fähig und kann nur meinen Mitarbeiterinnen helfen, nicht so zu verfahren wie ich. Ich bin eine typische Einzelgängerin. Weibliche Sozialisation in Institutionen – eine sehr unpraktische Sache.

Ihre Tipps für Nachwuchswissenschaftlerinnen: Was sollten sie keinesfalls versäumen zu tun? Und was sollten sie unbedingt vermeiden?

Sie sollten sich in meinem Fach lieber nicht weiter qualifizieren. Einen wissenschaftlichen Werdegang ist in einem Fach anzustreben, in dem seit Jahrzehnten Stellen abgebaut werden, ist unsinnig. Leider habe ich gegenwärtig fünf Doktorandinnen, die auf meine Worte nichts geben und die ich irgendwie »postiert« habe. Sie gehören im Prinzip zum akademischen Proletariat: arbeiten viel, verdienen wenig, haben schlechte Aussichten für einen weiteren beruflichen Werdegang, sind aber voller Elan, ­Interesse, unbändiger Intelligenz und guter Laune.