Porträt von Katharina Rapp

"Ich wollte schon immer die Uni mitgestalten."

Die studentische Senatorin Katharina Rapp im Interview
Porträt von Katharina Rapp
Foto: Johannes Schmechel

Katharina Rapp studiert im neunten Fachsemester Kommunikationswissenschaft und Psychologie. Sie ist seit 2018 an der Friedrich-Schiller-Universität eingeschrieben und engagiert sie sich seitdem für andere Studierende.

Seit wann engagieren Sie sich in universitären Gremien?

Seit meinem ersten Fachsemester. Von Anfang an wollte ich mein Studium aktiv mitgestalten und mich für meine Kommilitoninnen und Kommilitonen einsetzen. Zu Beginn bin ich zunächst als freies Mitglied in den Fachschaftsrat (FSR) Kommunikationswissenschaft gegangen. Vom dritten bis zum achten Fachsemester war ich als gewähltes Mitglied im FSR aktiv, u. a. als Haushaltsverantwortliche und Vorsitzende. Während dieser Zeit war ich außerdem ein Jahr als studentisches Mitglied in der Studienkommission und ein Jahr im Fakultätsrat der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften. 2022 habe ich mich nicht mehr aufstellen lassen, da ich auch außerhalb der Universität Ehrenämtern nachgehe, die recht zeitintensiv sind. 

Für den Studierendenrat (StuRa) bin ich seit Mitte 2022 als freies Mitglied im Kulturreferat aktiv. Außerdem engagiere ich mich seit Juli 2020 als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und bin Koordinatorin des Marktes der MöglichkeitenExterner Link. Meine Motivation bei der StuRa-Arbeit ist, für alle Studierenden etwas zu bewirken und nicht nur für diejenigen meines Fachbereiches. Als Referentin wird man übrigens nicht direkt von den Studierenden bei den Gremienwahlen gewählt, sondern vom Gremium selbst. Daher habe ich auch nur eine beratende Funktion und stimme nicht bei den Beschlüssen ab. Leider bin ich die einzige Referentin von drei möglichen. Ich fühle mich häufig allein mit der Arbeit und kann nur wenige Ideen umsetzen.

Seit Oktober 2022 bin ich auch eine der vier studentischen Senator*innen und vertrete damit die Interessen der knapp 18.000 Studierenden im höchsten Gremium unserer Universität – im Senat. Das bringt für mich viel Verantwortung mit sich, die mich zugleich auch motiviert.

Was sind Ihre konkreten Aufgaben in den unterschiedlichen Gremien?

Der Fachschaftsrat ist für mich die Schnittstelle zwischen den Lehrenden und den Studierenden des Faches. Er berät Studierende bei Problemen im Studium, macht regelmäßig Umfragen und vernetzt Studierende untereinander. Als Mitglied im FSR habe ich für Studierende Workshops, Exkursionen, Sommerfeste und Kneipenabende mitorganisiert. Oft haben auch Lehrende teilgenommen. Als Haushaltsverantwortliche habe ich vor allem die Gelder im Blick behalten und einen Haushaltsplan aufgestellt. Als Vorsitzende betreute ich das E-Mail-Postfach und habe die Sitzungen vorbereitet und geleitet. Im Institutsrat, der alle vier Wochen tagt, haben wir uns mit Professorinnen und Professoren und anderen Lehrenden über aktuelle Ereignisse am Institut der Uni ausgetauscht und konnten auch studentische Perspektiven einbringen, beispielsweise, wie die Lehre noch verbessert werden kann.

Für den StuRa betreue ich hauptsächlich den Instagram-Account und kümmere mich um die StuRa-Seite im "akrützel" – der studentischen Hochschulzeitung der Uni Jena. Seit 2020 organisiere ich den Markt der Möglichkeiten – eine große Messe für Engagement mit knapp 100 Ausstellenden. Im Kulturreferat habe ich ein neues Format initiiert – den KulturTag. Hier gehen StuRa-Mitglieder zusammen mit Studierenden einmal im Monat in Museen, zu Ausstellungen oder Theateraufführungen in Jena und nutzen die Vorteile des Kulturtickets, das mit 2 Euro im Semesterbeitrag enthalten ist.

Als studentische Senatorin im Senat muss ich mich gut auf die Sitzungen vorbereiten. Bei Berufungsverfahren lese ich besonders die studentischen Gutachten kritisch und nehme ggf. noch mal Kontakt auf. Hier wird über Richtlinien und Ordnungen abgestimmt, z. B. über die Antidiskriminierungsrichtlinie.

Ich nutze während meiner Studienzeit viele Möglichkeiten studentischer Mitbestimmung und Mitsprache. Zum Beispiel war ich auch in einer Arbeitsgruppe (AG) als studentisches Mitglied und habe bei der Ausarbeitung des neuen Masterstudiengangs Politische Kommunikation mitgewirkt, den es seit 2021 an der Uni Jena gibt.

Wie stehen Sie in Kontakt mit den Studierenden, die Sie im jeweiligen Gremium vertreten?

Für den Fachschaftsrat habe ich viele Umfragen unter Studierenden durchgeführt, z. B. zu Veranstaltungswünschen oder zu Problemen im Studium oder in der Lehre. Doch knapp 18.000 Studierende zu vertreten, wie jetzt im Senat, ist schwieriger als die Kommilitoninnen und Kommilitonen des eigenen, eher kleinen Fachbereichs. Der Instagram-Account des StuRa ist dabei eine große Hilfe – darüber erreichen wir viele Studierende und die Studierenden uns.

Als studentische Senatorin versuche ich an jeder StuRa-Sitzung teilzunehmen und bin so über aktuelle Geschehnisse in der Studierendenschaft informiert. Ich halte auch persönlich viel Kontakt zu Mitstudierenden unterschiedlicher Fächer und frage sie direkt zu studienbezogenen Sachverhalten. Trotzdem sollten wir über weitere Kontaktmöglichkeiten für Studierende nachdenken, die uns als ihre Vertreterinnen und Vertreter erreichen wollen.

Welche Resonanz erfahren Sie von Mitstudierenden zu Ihrer Arbeit?

Oftmals ist das Feedback sehr gut. Viele meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen haben ein großes Interesse an meinen Aufgaben in den Gremien oder wollen wissen, was mich bewegt, mich zu engagieren. Denn das Ehrenamt ist unentgeltlich und quasi eine „Freizeitaktivität“. Hochschulpolitische Geschehnisse sind in Gesprächen oft ein Thema – ich bin da eben auch stark involviert, da kommt man kaum drumherum. Wenn ich dann die Strukturen erkläre, sagen die Studierenden oft: „Oh krass, das wusste ich gar nicht.“ Ich erfahre viel Wertschätzung und Dankbarkeit, für das was ich mache – das motiviert mich.

Wie bewerten Sie die Möglichkeiten zur Mitsprache und Mitgestaltung der Uni für Studierende?

Ich selbst habe gute Erfahrungen gemacht und bewerte die Möglichkeiten zur Mitsprache und Mitgestaltung als „gut“, aber ich kenne auch viele Studierende aus der Hochschulpolitik, die an dieser Stelle durchaus andere, negative Erfahrungen gesammelt haben. Ich habe mich und meine Meinung fast immer respektiert gefühlt. Natürlich können nicht immer alle unserer Forderungen umgesetzt werden. Natürlich gibt es auch Personen, die unsere Meinung belächeln – auch das habe ich selbst schon erlebt. Es gibt Personen, bei denen man den Eindruck hat, dass sie nicht daran interessiert sind, was wir zu sagen haben oder die unsere studentische Perspektive ignorieren. Das ist für mich aber nicht die Regel. Besonders in den fachnahen Gremien wie dem Institutsrat habe ich durchweg positive Erfahrungen gemacht, für die ich auch sehr dankbar bin.

Ein größeres Problem ist, dass Studierende ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten ungenügend wahrnehmen. Studierende sind formal in allen Gremien und Prozessen eingebunden, dennoch gibt es regelmäßig Probleme, Studierende für diese Arbeit zu gewinnen. Teilweise können nicht alle Plätze besetzt werden, weil sich niemand findet. Die Gründe sind mannigfaltig: Zum einen kennen viele die Mitbestimmungsmöglichkeiten nicht, zum anderen ist das Abhängigkeitsverhältnis zu Lehrenden ein Hindernis. Man darf nicht vergessen, dass man als Stimme der Studierenden in Gremien auch mal Lehrenden entgegentritt, bei denen man unter Umständen noch eine Prüfung abzulegen hat – das kann einschüchternd wirken. Der Umfang der Gremienarbeit ist auch ein Problem. Wir erhalten kein Geld, keine Aufwandsentschädigung, wir machen das in unserer Freizeit, während Angestellte ihre Arbeitszeit dafür nutzen und das Amt damit bezahlt bekommen. Ein Grund ist wohl auch Resignation. In Gesprächen mit Studierenden höre ich oft, dass man eh nichts ändern könne, weil wir in den Gremien unterrepräsentiert seien. Bei Beschlüssen zu Forschung und Lehre gilt zudem die Viertelparität nicht (Regelung des ThürHG auf Basis von Entscheidungen des BVerfG von 1973).*

Wie ließe sich das verbessern?

Die Gremientätigkeit zu honorieren, also Anreize zu schaffen, wäre ein möglicher Ansatz – beispielsweise durch ECTS. Das ist an einigen anderen Universitäten bereits vereinzelt möglich, z. B. in Kiel oder Dresden. Auch in Erfurt wurde eine Anrechnung nun durch Studierende erwirkt, die genaue Umsetzung steht noch aus (Quelle: Aussage studentischer Vertreter*innen der Uni Erfurt). Ebenfalls wäre es denkbar, ein „Gremiensemester“ im Hochschulgesetz zu verankern, wie es im Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz (SächsHSFG) der Fall ist. Das würde bedeuten, dass bei einer Amtszeit von einer Wahlperiode (zwei Semester) die Studienzeit von einem Semester nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet wird. In einer möglichen Rahmenordnung, die für alle Fachbereiche gilt, könnte man zudem auch ein optionales Modul festlegen, bei dem hochschulpolitische Aktivität berücksichtigt wird.

Die Universität könnte aktiver Studierende für Gremien anwerben oder auf die Mitbestimmungsmöglichkeiten aufmerksam machen. Aktuell läuft vieles über die Fachschaftsräte und den StuRa, die aufgerufen sind, Personen für Gremien zu suchen oder diese stellen sollen. Durch den engen Kontakt zu Studierenden ist es natürlich sinnvoll, dass wir dafür werben. Das entbindet jedoch nicht die Uni, selbiges zu tun, z. B. über einen uniweiten Mailverteiler oder in Lehrveranstaltungen.

Außerdem wäre es wichtig, studentischen Vertreterinnen und Vertreter einen guten Einstieg ins Gremium zu ermöglichen, indem eine Art Vorbereitungstreffen angeboten wird. Dabei sollten Gesetze vorgelegt, die Rechte erläutert und der generelle Ablauf einer Sitzung erklärt werden. Bei meinem Antritt im Fakultätsrat der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften wurde das damals umgesetzt und hat mir persönlich sehr geholfen. Zudem habe ich es als Wertschätzung empfunden.

Abschließend möchte ich sagen, dass das Engagement – auch wenn es nicht vergütet wird und in der Freizeit stattfindet – sehr viel Freude bereitet und unglaublich interessant ist. Ich kann nur jeden Studierenden dazu ermutigen, der darüber nachdenkt, sich in dieser Art und Weise zu beteiligen, die Chancen zu nutzen, die da sind. Wir haben dieses Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht, wir sollten auch davon Gebrauch machen.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Irena Walinda.

*Anmerkung: Viertelparität bedeutet bezogen auf Hochschulen, dass in den Gremien der jeweiligen Hochschule alle vier Statusgruppen (Studierende, Professor*innen, wissenschaftliche Beschäftigte sowie Beschäftigte in Technik und Verwaltung) die gleiche Anzahl von Stimmen besitzen.