Fahed Al’Janabi, Prof. Dr. Michael Wermke und Dr. Sophie Seher (v.l.) erhalten einen Lehrpreis 2021.

Exzellente Lehre selbst in der Pandemie

Die Lehrpreise 2021 sind vergeben / In diesem Jahr wird zudem die „Lehre in Pandemiezeiten“ besonders gewürdigt
Fahed Al’Janabi, Prof. Dr. Michael Wermke und Dr. Sophie Seher (v.l.) erhalten einen Lehrpreis 2021.
Foto: Anne Günther (Universität Jena)
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Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien

Dr. Nils Töpfer erhält den Lehrpreis für die beste Lehrveranstaltungskonzeption für sein Seminar „Zur wissenschaftlichen Fundierung von Psychotherapie: eine etwas andere Einführung in die Wirksamkeits- und Prozessforschung“.
Dr. Nils Töpfer erhält den Lehrpreis für die beste Lehrveranstaltungskonzeption für sein Seminar „Zur wissenschaftlichen Fundierung von Psychotherapie: eine etwas andere Einführung in die Wirksamkeits- und Prozessforschung“.
Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Die Gewinner der Lehrpreise 2021 der Friedrich-Schiller-Universität Jena stehen fest. Geehrt wird Dr. Nils Töpfer von der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswis­sen­schaften für die beste Lehrveranstaltungskonzeption. Das preiswürdige Seminar heißt „Zur wissenschaftlichen Fundierung von Psychotherapie: eine etwas andere Einführung in die Wirksamkeits- und Prozessforschung“. Den Preis im Themenschwerpunkt „Umgang mit Vielfalt“ erhalten Prof. Dr. Michael Wermke, Dr. Sophie Seher und Fahed Al’Janabi für das Seminar „Kultur- und religionssensible Eltern­arbeit“. Die Lehrpreise sind mit je 2.500 Euro dotiert und werden am 23. November 2021 beim „Dies Legendi“ verliehen.

Das Expertengremium der Akademie für Lehrentwicklung machte sich die Kür der Sieger nicht leicht.

Alle Nominierungen weisen eine hervorragende Qualität auf und stehen für Beispiele sehr guter universitärer Lehre sowie für die hohe Einsatzbereitschaft der Lehren­den.

Prof. Dr. Kim Siebenhüner
Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Friedrich-Schiller-Universität Jena

 

Einmalig vergab die Jury der Akademie für Lehrentwicklung in diesem Jahr sogenannte LiP-Awards, Auszeichnungen für „Lehre in Pandemiezeiten“. Unter den insgesamt 39 Bewerbun­gen wurde je eine Lehrveranstaltung pro Fakultät mit der Auszeichnung geehrt. „Alle Leh­ren­den, die einen LiP-Award erhalten, stehen dabei stellvertretend für viele andere Lehrende, die unter Pandemiebedingungen die Lehre ad hoc und in gelungener Weise auf ein digitales For­mat umgestellt oder andere überzeugende Lösungen für die Realisierung der Lehre gefunden haben“, sagt Prof. Siebenhüner.  

Die „Goldstandards“ gemeinsam auf den Prüfstand stellen

Mit seiner „etwas anderen Einführung in die Wirksamkeits- und Prozessforschung“ möchte Dr. Nils Töpfer seine Studierenden befähigen, sich selbst eine fundierte Haltung zu erarbeiten. „Das Seminar bietet eine Atmosphäre, die viel Raum für kritische Diskussionen lässt“, sagt der Psychologe und angehende Psychoanalytiker. Dabei würden immer wieder die „Goldstandards“ und vorherrschenden Forschungsparadigmen der Psychotherapieforschung einer kritischen Prüfung unterzogen. Entwickelt hat Nils Töpfer das Seminar vorrangig für Studierende im 5. und 6. Semester. Inhaltlich gehe es darum, die Psychotherapieforschung als Beispiel für Evaluationsforschung zu untersuchen. „Wir schauen gemeinsam, wie Forschungsmethoden systematisch angewandt werden können, um die Konzeption, die Umsetzung und den Nutzen von Psychotherapie zu bewerten“, sagt Nils Töpfer. Als wenig hilfreich habe sich dabei die Metapher vom „Pferderennen“ erwiesen: Es gehe nicht darum, welches Psychotherapieverfahren „das einzig Wahre“ ist. Ziel sei es vielmehr, herauszuarbeiten, welche Merkmale alle wirksamen Therapieverfahren teilen. Eine wichtige Komponente: die Therapeut-Patient-Beziehung. In der Forschung werde meist auf Symptomveränderung geschaut, hingegen spielten Fragen nach der allgemeinen Lebenszufriedenheit, nach der Entwicklung der Persönlichkeit oder im Umgang mit Konflikten eine untergeordnete Rolle. „Die Studierenden sollen sich eine eigene Meinung bilden, denn einen Königsweg gibt es nicht“, sagt Nils Töpfer. Der 34-Jährige ist seit acht Jahren als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Jena tätig. Studiert hat Töpfer in Jena und an der University of Cambridge. Das Seminar zur wissenschaftlichen Fundierung von Psychotherapie habe er nach den Vorstellungen entwickelt, die ihm im eigenen Studium zu kurz kamen, vor allem die kritischen Positionen zum eigenen Fach habe er vermisst. Der Lehrpreis 2021 ist für ihn Bestätigung, einen richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

Integration bedeutet Annäherung von beiden Seiten 

Wenn Eltern kein Selbstvertrauen haben, überträgt sich das auf ihre Kinder“, sagt Prof. Dr. Michael Wermke. Der Religionspädagoge wird gemeinsam mit Dr. Sophie Seher und Fahed Al’Janabi für das Seminar „Kultur- und religionssensible Elternarbeit“ ausgezeichnet. Das Seminar entstand in Kooperation mit dem Fachdienst Jugend und Bildung der Stadt Jena und dem Projekt „Uns Miteinander Stärken“, das vom Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz gefördert wird. Im Mittelpunkt steht ein Gesprächskreis mit arabischsprechenden Müttern und Studierenden im Jenaer Stadtteil Lobeda-Ost. Moderiert werden die Gespräche gemeinsam mit Schulsozialarbeiterinnen. Das Spannende dabei sei die Begegnung sozialer, religiöser und kultureller Prägungen, die alle Beteiligten dazu bewe­gen sollen, die je eigenen Vorstellungen von Normalität kritisch zu bedenken, sagt Dr. Sophie Seher. So würden die meist aus Syrien stammenden Frauen Erziehung als Aufgabe der Ge­meinschaft ansehen. Sie ziele darauf ab, Kindern und Jugendlichen als Teil dieser Gemein­schaft gegenseitige Unterstützung und Verantwortung zu vermitteln. Das Konzept ent­spre­che nicht der im deutschen Bildungswesen vertretenen Idee einer starken Autonomie­orientierung. Fahed Al’Janabi ergänzt, das Selbstverständnis der Frauen als Erzieherinnen werde in der neuen Umgebung zum Teil infrage gestellt, wenn etwa ihre Kinder als Mittler zwischen Elternhaus und Schule agieren müssen. Wie Prof. Wermke erläutert, arbeiten die Mütter und Studierenden in den Workshops häufig mit Fallbeispielen, die aus dem Erzie­hungsalltag der Mütter stammen: „Damit versuchen wir, die Erziehungskompetenzen der Mütter zu stärken und gemeinsam unsere Wertvorstellungen und Prägungen zu bedenken.“ Ein Fallbeispiel bezieht sich auf den Kleidungsstil von Mädchen: Mit bauchfreiem Top in der Schule – ja oder nein? Während die Studierenden einen solchen Kleidungsstil ohne Weiteres tolerieren, sei es für die muslimischen Frauen eine Herausforderung, nicht zuletzt wegen der Reaktionen innerhalb ihrer Community. „Es geht bei solchen Fragen stark um Normalitäts­er­wartungen, die zu diskutieren für alle Beteiligten sehr anregend ist“, sagt Fahed Al’Janabi. Ein gegenseitiges Verständnis für die unterschiedlichen religiös und kulturell bedingten Einstel­lun­gen stelle einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Integration als beiderseitige An­näherung dar. „Das Seminar bietet den Studierenden die Chance, sich in der persönlichen Be­gegnung mit zugewanderten Müttern Methoden und Einsichten einer kultur- und religions­sen­siblen Elternarbeit anzueignen“, resümiert Prof. Wermke. Im Wintersemester 2021/22 soll das Seminar erneut angeboten werden. 

Digitale Lehrveranstaltungen in Zeiten der Pandemie ausgezeichnet

Mit einem LiP-Award für Lehre in Pandemiezeiten werden ausgezeichnet:

  • Dr. Susanne Kochs (Theologische Fakultät) für den Sprachkurs „Griechisch 1“,
  • Junior-Professorin Dr. Anika Klafki (Rechtswissenschaftliche Fakultät) für das Examensrepetitorium „Öffentliches Recht“,
  • Prof. Dr. Armin Scholl (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät) für mehrere Vorlesungen,
  • Dr. Britta Hövelbrinks (Philosophische Fakultät) für das Seminar „Sprachstandserhebungen in Deutsch als Zweitsprache“,
  • Dr. Julia Dietrich (Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissen­schaften) für die Vorlesung „Lernen, Entwicklung und Sozialisation: Eine Einführung“,
  • Ben­jamin Hinrichs (Fakultät für Mathematik und Informatik) für die Vorlesung „Analysis 2“,
  • Prof. Dr. Gerhard G. Paulus (Physikalisch-Astronomische Fakultät) für die Vorlesung „Experi­men­talphysik 2“,
  • Prof. Dr. Alexander Brenning (Chemisch-Geowissenschaftliche Fakultät) für mehrere Lehrveranstaltungen der Geoinformatik,
  • Dr. Maren Godmann und PD Dr. Christian Kosan (Fakultät für Biowissenschaften) für das biochemische Praktikum für Biochemiker,
  • PD Dr. Alexander Pfeil (Medizinische Fakultät) für das Praktikum „Rheumatologie“.
Information

Die Lehrpreise der Universität Jena und die LiP-Awards werden beim diesjährigen „Dies Legendi“, dem „Tag der Lehre“ am 23. November 2021 überreicht.

Kontakt:

Katja Hüfner, Dr.
vCard
Büro der Vizepräsidentin für Studium und Lehre
Dr. Katja Hüfner
Foto: Anne Günther (Universität Jena)
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