Abhängung der Gedenktafel für Ludwig Heilmeyer

Universität Jena entfernt Erinnerungstafel für Mediziner Ludwig Heilmeyer

Uni Jena setzt Aufarbeitung der NS-Vergangenheit fort
Abhängung der Gedenktafel für Ludwig Heilmeyer
Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien

Die Friedrich-Schiller-Universität und das Universitätsklinikum Jena haben beschlossen, eine Gedenktafel für den Mediziner und Hochschullehrer Ludwig Heilmeyer entfernen zu lassen. Die Tafel hängt seit 1994 am Gebäude der ehemaligen „Medizinischen Klinik“ in der Jenaer Bachstraße. Sie wurde zum 25. Todestag Ludwig Heilmeyers vom „Institut für Standardisierung und Dokumentation im medizinischen Laboratorium“ e. V. gestiftet. Die Anregung zum Entfernen der Tafel geht auf eine Initiative der Fachschaft Medizin in Jena zurück.

„Die nationalsozialistische Vergangenheit und das wissenschaftliche Wirken von Ludwig Heilmeyer wurde von Medizinhistorikern umfassend erforscht. Die Ergebnisse lassen keinen Zweifel daran, dass Ludwig Heilmeyer mit seiner Mitverantwortung am Tod von Kriegsgefangenen, der Förderung ehemaliger KZ-Ärzte und dem Verschweigen von Verdiensten und Forschungsbeiträgen jüdischer Kollegen nicht als Vorbild dienen kann“, sagt Präsident Prof. Dr. Walter Rosenthal. Es sei nur folgerichtig, die Gedenktafel zu entfernen und sich in einer öffentlichen Veranstaltung mit Leben und Werk Heilmeyers auseinanderzusetzen.

Mitverantwortung am tausendfachen Tod sowjetischer Kriegsgefangener

Ludwig Heilmeyer (1899-1969) habilitierte sich in Jena und war hier als Assistent, Fach- und Oberarzt tätig. Im Jahr 1937 erhielt er eine außerordentliche Professur für Luftfahrtmedizin und Blutkrankheiten. In den Jahren 1933/34 trug er als Dozentenschaftsführer maßgeblich zur nationalsozialistischen „Gleichschaltung“ der Universität Jena bei. Nachdem Heilmeyer 1941 zur Wehrmacht einberufen worden war, arbeitete er zunächst im Luftwaffenlazarett Halle-Dölau, ehe er nach einer freiwilligen Meldung zur Ostfront beratender Arzt beim Militärbefehlshaber in Rowno in der Ukraine wurde. Zugleich leitete er die Krankenanstalt der Regierung des „Generalgouvernements“ in Krakau, in der die Regierungs- und SS-Elite des besetzten Polens behandelt wurde. Heilmeyer war mitverantwortlich für die medizinische Aufsicht über Kriegsgefangenenlager und das „Großlazarett 301“ für sowjetische Kriegsgefangene nahe Slavuta. Dort starben etwa 150.000 Kriegsgefangene durch systematische Mangelernährung, Erschießungen und völlig unzureichende bzw. unterlassene medizinische Versorgung.

Keine Distanzierung im Nachkriegsdeutschland

Im Nachkriegsdeutschland war Ludwig Heilmeyer zunächst in Düsseldorf, später in Freiburg im Breisgau als Mediziner tätig. In dieser Zeit beteiligte er sich an einem Gutachten gegen die Verurteilung Wilhelm Beiglböcks im Nürnberger Ärzteprozess und verhalf ihm später zu einer Chefarztstelle. Beiglböck hatte Menschenversuche mit Meerwasser im Konzentrationslager Dachau begangen. Auch der KZ-Lagerarzt Kurt Plötner, der in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau an Menschenversuchen beteiligt war, wurde von Heilmeyer 1952 an der Universitätsklinik Freiburg eingestellt.

1967 avancierte er zum Gründungsrektor der Medizinisch-Naturwissenschaftlichen Hochschule Ulm, der heutigen Universität Ulm. Als Heilmeyer 1959 das „Handbuch für Hämatologie“ herausgab, überging er die Leistung des Vorherausgebers Hans Hirschfeld mit Schweigen. Hirschfeld war als Jude nach Theresienstadt deportiert worden und dort 1944 verstorben. Hochgeehrt und international renommiert verstarb Ludwig Heilmeyer 1969.

Öffentliche Veranstaltung zu Ludwig Heilmeyer geplant

Dass die Gedenktafel für Ludwig Heilmeyer nun entfernt wird, bedeutet keinen Schlussstrich unter die Diskussion um seine wissenschaftliche und persönliche Verantwortung im Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit. Der Medizinhistoriker Prof. Dr. Florian Steger aus Ulm wird in Jena seine Forschungen zu Ludwig Heilmeyer im medizin- und wissenschaftsgeschichtlichen Kontext vorstellen. Wegen der Corona-Pandemie steht der Termin der Veranstaltung noch nicht fest.

Ein ausführliches Gutachten zum Fall Heilmeyer vom Leiter des Archivs der Universität Jena, Dr. Stefan Gerber, kann hierExterner Link nachgelesen werden.   

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