Porträtaufnahme von Willi Kröning

„Unsere Stimme hat Gewicht.“

Der studentische Senator Willi Kröning im Interview
Porträtaufnahme von Willi Kröning
Foto: Julia Fischer

Willi Kröning (24) studiert im 12. Semester Lehramt (Gymnasium) für die Fächer Physik, Mathe und Astronomie. Neben dem Studium engagiert er sich nicht nur im Fachschaftsrat Physik und im Studierendenrat, sondern ist auch Mitglied des Fakultätsrates der Physikalisch-Astronomischen Fakultät und des Senates. Was er dort genau macht und warum er die Arbeit in den Gremien so schätzt, erzählt er im Interview.

Die Studierenden der Uni Jena können sich in verschiedenen Gremien engagieren – Sie sind in fast allen davon tätig. Wie kam es dazu?

In meiner Vorlesung zu Quantenphysik erzählte uns der Professor, der sehr studierendennah ist, dass der Fachschaftsrat Physik immer auch Leute sucht, die Physik auf Lehramt studieren. Und nach meinem Praxissemester hatte ich Lust, nicht nur nach dem Musterstudienplan zu studieren, sondern auch mal etwas Neues zu machen. Deshalb bin ich im Sommersemester 2022 einfach mal zu einer Sitzung gegangen, ohne wirklich eine Ahnung zu haben, was die Uni-Gremien eigentlich machen. Und damit hat das Chaos seinen Lauf genommen (lacht). Ich habe es aber nie bereut – es war die absolut richtige Entscheidung.

Wie ging es dann weiter?

Nachdem ich in einer laufenden Amtszeit zum Fachschaftsrat gestoßen und erst mal als freiwilliges Mitglied sozusagen „mitgelaufen“ bin, habe ich mich dann aufstellen lassen und bin seit Oktober 2022 offiziell dort aktiv. In der Funktion war ich dann ein Jahr lang Gast bei den Sitzungen des Studierendenrates (StuRa) und habe dem Fachschaftsrat davon berichtet. Danach habe ich mich dann auch für den StuRa und den Fakultätsrat aufstellen lassen. Und nun, in meiner dritten Amtszeit, ist noch der Senat dazugekommen. Ich dachte mir, ich kann ja die Stempelkarte mit den ganzen Gremien ruhig vollmachen (lacht). Ich war interessiert, inwiefern sich die Uni-Gremien von denen der Studierendenschaft unterscheiden, aber auch der Personalmangel hat eine Rolle gespielt.

Wo liegen in Ihren Augen die Unterschiede zwischen den rein studentischen Gremien und den statusgruppenübergreifenden Gremien?

Ich merke schon, dass man in der studentischen Selbstverwaltung – also im Fachschaftsrat und im Studierendenrat – mehr aktiv machen und auch etwas zurückbekommen kann. Im Fakultätsrat und im Senat, wo man dann mit den Professoren und anderen Statusgruppen zu tun hat, sind wir Studierenden schon ein bisschen am Ende der Nahrungskette. Ich muss aber sagen, dass wir zumindest in unserer Fakultät fast schon ein familiäres Verhältnis zur Professorenschaft haben – unsere Stimme hat Gewicht, auf uns wird gehört.

Was sind Ihre konkreten Aufgaben in den unterschiedlichen Gremien?

Im Fachschaftsrat kümmere ich mich hauptsächlich um die Finanzen. Die Fachschaftsräte bekommen ja – je nach Größe der jeweiligen Fachschaft – einen Anteil des Semesterbeitrags. Wir als Physik bekommen z. B. pro Semester 1.600 Euro und die müssen dann für Veranstaltungen verwaltet, organisiert und abgerechnet werden. Das ist meine Hauptaufgabe, aber ich organisiere auch ab und zu Veranstaltungen mit, z. B. die Studieneinführungstage.

Als ich zum StuRa kam, brauchte man dann jemanden, der die Finanzen für alle macht – also die ganzen Konten verwaltet, die Beiträge auf die Referate und Fachschaftsräte verteilt und sich mit Buchhaltung, Finanzamt und Innenrevision auseinandersetzt. Da ich schon im FSR Spaß an den Finanzen hatte, dachte ich mir, mache ich das halt auch. Ich war auch im letzten Jahr ein paar Monate lang vertretungsweise im StuRa-Vorstand, aber mein Hauptinteresse liegt bei den Finanzen.

Im Fakultätsrat und im Senat ist es eher meine Aufgabe, interessierte Studierende für Ausschüsse und Berufungskommissionen zu finden. Ein Thema in beiden Gremien ist z. B. der Haushalt, also der Haushalt der Universität und der Haushalt der Fakultät. Wie werden die Gelder verteilt, für Sachgegenstände oder für Hilfskräfte? In den Berufungskommissionen geht es darum, wie Lehrstellen neu besetzt werden. Hier können wir also wirklich Einfluss darauf nehmen, dass Leute an die Uni geholt werden, die gute Lehre machen. Und wir sorgen generell dafür, dass in diesen Gremien die Studierenden bedacht werden – denn wir sind die größte Statusgruppe der Uni. Wir stehen dabei immer in Kontakt mit den Fachschaftsräten und mit den studentischen Fakultätsratsmitgliedern, auch dank des StuRa-Referats für Hochschulpolitik, das explizit die Aufgabe hat, die ganzen Gremien miteinander zu verknüpfen.

Was motiviert Sie?

Manche haben politische Beweggründe, sich zu engagieren, manche wollen einfach anderen helfen. Ich selbst war während meiner Schulzeit ein bisschen verloren und habe mich eher wie ein Außenseiter gefühlt und hätte mir gewünscht, dass mir jemand hilft. Deshalb möchte ich jetzt Leute unterstützen und coole Veranstaltungen organisieren, damit sie auch mal aus dem Trott des normalen Uni-Lebens herauskommen.

Am Anfang wollte ich es wirklich einfach mal ausprobieren, weil ich dachte, es könnte Spaß machen. Als es in meiner ersten FSR-Legislatur um die Verteilung der Positionen ging, hatte ich ehrlich gesagt überhaupt keine Lust auf Finanzen, aber irgendwer musste es ja machen und ich bin mit der Aufgabe gewachsen.

Aber ich engagiere mich auch in der Verwaltung, um das alles ein bisschen zu entbürokratisieren und Sachen zu ermöglichen, damit die Leute wirklich Spaß haben, ihr Ehrenamt auszuführen und dabei nicht blockiert werden.

Was gefällt Ihnen am besten an der Arbeit in den Gremien?

Die Interaktion mit den Studis. Beim FSR kann ich auf den Veranstaltungen mit den Leuten reden und wir können dort auch andere dafür begeistern, dazuzukommen – das ist wirklich cool. Und es ist immer schön, wenn man abseits von Vorlesungen oder Übungen, z. B. bei Grillveranstaltungen, mit den Leuten reden, sich austauschen und entspannen kann.

Wie ist das Feedback Ihrer Mitstudierenden?

Von den Leuten, die zu den Veranstaltungen kommen, die wir mit dem FSR organisieren, bekomme ich sehr gutes Feedback. Da habe ich auf jeden Fall das Gefühl, dass die Mühe, die wir uns machen, wertgeschätzt wird. Aber auch beim StuRa, z. B. in den Finanzen bei der Interaktion mit Leuten aus den verschiedenen Fachschaftsräten, ist es ein sehr wertschätzendes Verhältnis.

Sie haben den Personalmangel angesprochen. Wie, denken Sie, kann man dafür sorgen, dass sich mehr Studierende in den Gremien engagieren?

Ich denke, dass viele sich gar nicht bewusst sind, welche Möglichkeiten Sie haben, sich zu engagieren oder vielleicht auch eingeschüchtert sind angesichts der verschiedenen Gremien und Strukturen, die es gibt. Ich denke, hier müssen wir mehr Awareness schaffen, welche Möglichkeiten es gibt, und auch Hürden nehmen, indem wir den Leuten klarmachen, was eigentlich die genauen Aufgaben sind.

Und wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Von den 32 Fachschaftsräten, die wir haben, gab es letztes Jahr nur zwei, für die sich überhaupt mehr Leute haben aufstellen lassen, als es Plätze gibt. Das waren einmal mein Fachschaftsrat, also Physik, und der FSR Medizin. Beides sind Fachschaftsräte, die sehr viele Veranstaltungen organisieren und generell sehr aktiv und dadurch, glaube ich, sehr präsent in ihren jeweiligen Fachschaften sind. Je mehr Leute sich im Fachschaftsrat engagieren, desto besser können Aufgaben verteilt werden und dann haben auch alle mehr Spaß daran.

Warum sollten Studierende sich engagieren oder zumindest bei den Gremienwahlen ihre Stimme abgeben?

Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass es eine große Bereicherung ist, in den Gremien mitzuwirken. Und es ist eine kleine und sehr einfach merkbare Demokratie, die wir haben. Wenn man sich den Bundestag und Landtag anschaut, das wirkt so weit weg. Die Schwelle, hier an der Uni selbst aktiv zu werden, ist viel geringer. Das passive Wahlrecht ist sehr leicht auszuüben und das aktive noch leichter. Man muss ja nicht mal zur Wahlurne gehen – wir machen das online!