
- Universidad Autónoma de Chile
Meldung vom:
Ich habe von Juli bis Dezember 2024 ein Auslandssemester an der Universidad Autónoma in Santiago de Chile verbracht und dort Psychologie studiert. Insgesamt war es eine intensive, bereichernde Zeit – auch wenn die Organisation an der Uni teilweise sehr chaotisch war und einiges an Geduld gefordert hat.
Das Studiensystem unterscheidet sich deutlich vom deutschen: Prüfungen finden (zumindest in Psychologie) in vier Etappen pro Semester statt und bestehen meist aus Gruppenarbeiten, Präsentationen und einer Einzelleistung. Die Kurswahl war schlecht koordiniert, und es dauerte Wochen, bis ich meinen Stundenplan zusammen und einen Studierendenausweis erhalten hatte. Auch das internationale Büro war nur begrenzt hilfreich – wobei sich dort inzwischen personell etwas verändert hat.
Zusätzlich sollte man sich im Klaren darüber sein, dass die Organisation eines Auslandssemesters ohne feste Austauschprogramme wie Erasmus aufwendiger ist. Von der Bewerbung über Visumfragen bis zur Kurswahl läuft vieles individueller. Gleichzeitig fand ich es sehr lohnenswert, ein Semester außerhalb Europas zu verbringen: Der Perspektivwechsel war größer, und ich habe fachlich, sprachlich und kulturell unglaublich viel dazugelernt.
Abseits der Uni habe ich das Leben in Chile sehr genossen. Besonders gut gefallen hat mir die Lage Santiagos – umgeben von Bergen, mit direkter Nähe zu den Anden. Man ist für die Größe der Stadt schnell außerhalb und kann wunderschöne Wanderungen mit toller Aussicht machen. Die Natur in Chile ist ohnehin spektakulär: Während meines Aufenthalts war ich unter anderem in San Pedro de Atacama in der Wüste und nach dem Semester in Patagonien – beides war beeindruckend und unvergesslich.
Santiago selbst bietet kulturell und kulinarisch viel. Es gibt zahlreiche Museen zur Geschichte Chiles und Lateinamerikas, Tanzkurse wie Salsa und Bachata, und sogar Cueca-Kurse direkt an der Uni – die traditionelle chilenische Tanzform. Besonders mochte ich die riesigen Straßenmärkte (ferias), auf denen man günstig frisches Obst und Gemüse kaufen und vor Ort essen kann. Auch das vegetarische und vegane Angebot in Restaurants war größer als erwartet.
Zur Wohnsituation: Ich habe mir vorab ein Airbnb für zwei Wochen gebucht und dann vor Ort ein WG-Zimmer gesucht – das hat gut funktioniert, und innerhalb einer Woche hatte ich eine Unterkunft. WG-Leben in Santiago ist anders als in Deutschland: Es gibt keine „Castings“, die WGs sind oft größer und eher zweckorientiert. Ich habe mit zehn Personen in einem Haus gewohnt – eine gute Gelegenheit, mit Chilen*innen in Kontakt zu kommen.
Generell ein paar Sicherheitshinweise: Ich würde empfehlen nicht westlich von der Metro Station Baquedano zu wohnen und nicht südlicher als Ñuñoa. Außerdem sollte man nachts (ab ca. 23 Uhr) nicht mehr allein unterwegs sein und lieber Uber nutzen. Generell keine Wertsachen sichtbar tragen – Santiago ist in den letzten Jahren unsicherer geworden und lokale Tipps helfen hier sehr.
Wie viele andere war ich mit einem Touristenvisum dort. Für ein Semester wurde das sogar von der Gastuni empfohlen, weil der reguläre Aufenthaltsprozess sehr langwierig ist. Ohne die chilenische RUT (Identifikationsnummer) kann man zwar nicht alles machen – z. B. keinen Handyvertrag abschließen oder online einkaufen – aber sie kommt ohnehin meist erst, wenn das Semester fast vorbei ist.
Mein Fazit: Trotz aller organisatorischen Stolpersteine war das Semester eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Ich habe viel über das Land, die Kultur und auch über mich selbst gelernt. Mein Tipp: Wenn möglich, lieber für ein ganzes Jahr gehen – fünf Monate vergehen schneller, als man denkt. Für alle, die sich auf das Abenteuer einlassen möchten: Es lohnt sich.