Erfahrungsbericht University of Illinois at Urbana-Champaign

University of Illinois at Urbana-Champaign

Akademisches Jahr 2021/22
Erfahrungsbericht University of Illinois at Urbana-Champaign
Foto: Philipp, Uni Jena
  • University of Illinois at Urbana-Champaign

Meldung vom:

Phillipp, Rechtwissenschaft

Schon zu Beginn meines Jurastudiums wusste ich, dass ich an einem gewissen Punkt auch gerne
eine Universität im Ausland besuchen würde. Im Bereich der Rechtswissenschaften sehe ich
dafür insbesondere zwei Gründe: Zum einen verschafft einem der internationale Rechtsvergleich
einen besseren Überblick über rechtliche Probleme und inwieweit diese international sehr
ähnlich oder zum Teil auch verschieden sind. Zum anderen hilft das Kennenlernen neuer
Herangehensweisen an rechtliche Probleme dabei, diese umfassender zu analysieren und
genutzte Argumentationsweisen auszuweiten.

Erfahrungsbericht University of Illinois at Urbana-Champaign
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Foto: Philipp, Uni Jena

Auf der Suche nach dem richtigen Ort für ein Auslandssemester fragte ich mich zunächst nach meinen Motivationen hierfür – ich wollte primär an eine Uni, an der ich etwas in meinem Fachbereich lernen kann, in einem Land, in dem ich die Landessprache spreche, um auch die dortige Kultur bestmöglich kennenzulernen. Bei mir fiel die Wahl daher schnell auf ein englischsprachiges Land. Da ich mir eine gewisse Unterstützung bei meinem Auslandsaufenthalt wünschte und Studiengebühren in englischsprachigen Ländern und insbesondere in den USA etwas teurer sind, schaute ich mich daraufhin bei den Partnerfakultäten der Rechtswissenschaftlichen Fakultät um. Letztendlich fiel meine Wahl auf die University of Illinois at Urbana-Champaign (UIUC), da diese in den US-Rankings ziemlich gut abschneidet und mir der Aufbau als Campusuni reizvoll erschien.

Meine Bewerbung musste ich bis Mitte Januar 2021 einreichen, um Chancen auf einen Aufenthalt ab August 2021 zu haben – andere Universitäten haben allerdings auch eine Bewerbungsdeadline von Ende November oder Dezember des Vorjahres. Meine Bewerbung hatte glücklicherweise Erfolg, sodass ich mich anschließend direkt um mein Visum kümmern konnte. Ich hatte keinerlei Vorerfahrungen mit Visumsbewerbungen und insbesondere während der Pandemie erschien es zwischendurch sehr kompliziert – der erstmögliche Interviewtermin war zum Beispiel erst ein Jahr später verfügbar. Zum Glück konnte ich jedoch einen Notfalltermin beantragen, wobei sich die Anzahl verfügbarer Termine auch täglich änderte, sodass ich letztendlich zeitnah einen Termin finden konnte. Parallel zu meiner Visumsbewerbung suchte ich zudem nach einem Zimmer für mich. Die Universität bietet zwar Zimmer im Studentenwohnheim an, die jedoch keinen Zugang zu einer Küche haben und auch abgesehen davon nicht besonders günstig waren. Leider gibt es in den USA keine Seite die vergleichbar zu „WG-gesucht“ ist, aber auf Facebook und Craigslist gibt es häufig Anzeigen. Nach vielen Anfragen und einem sympathischen Video-Meeting fand ich ein schönes Zimmer in einem ungefähr 100-Jahre alten stereotypisch amerikanischen Haus mit Veranda mit Blick auf die Straße und unglaublich netten Mitbewohnern, in dem ich mich schon nach kürzester Zeit wie zu Hause gefühlt habe.

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Foto: Phillipp, Uni Jena

An der Rewi-Fakultät gab es zwei Wochen vor Beginn der eigentlichen Uni-Veranstaltungen einen Vorbereitungskurs für Master of Laws (LL.M.)–Studierende, der auf das Common-Law-System vorbereitet, welches vornehmlich auf Präzedenzfällen und deutlich weniger auf Gesetzen basiert. Der Kurs war sehr interessant und wurde mit täglich zu erledigenden Übungen durchgeführt, vergleichbar zu einer AG oder einem Seminar. Ursprünglich waren die Plätze hierfür komplett belegt, was sich auch bis zum Morgen des ersten Tages nicht geändert hatte – auf erneute Nachfrage am Starttag ließ sich jedoch glücklicherweise doch noch ein Platz finden. Nach der zweiten Woche fingen dann endlich die regulären Veranstaltungen mit den US-Studenten an. Um in den USA Jura studieren zu dürfen, muss man anders als in Deutschland erst einen Bachelor-Studiengang abschließen, der in jedem beliebigen Fach gemacht werden kann. Zur „Law School“ geht es dann noch für drei weitere Jahre. Mit Abschluss des Jurastudiums kann dann im Bundesland der Wahl das „Bar Exam“ abgelegt werden, um im entsprechenden Bundesstaat eine Anwaltszulassung zu erhalten. Meine amerikanischen Kommilitonen waren
daher zwischen 22 und Mitte 40, die meisten jedoch Mitte 20. Die Veranstaltungen selbst wurden alle von Professoren gehalten, wobei die Kurse deutlich verschulter waren als in Deutschland. Für jeden Kurs gibt es ein spezifisches Kursbuch, aus dem für jede einzelne Veranstaltung 15-30 Seiten zu lesen sind, auf denen meistens Gerichtsentscheidungen abgedruckt sind, die dann in der nächsten Veranstaltung erörtert werden. Die Professorin erörtert dann die Fälle und die darin enthaltenen Problematiken zusammen mit den Studierenden – dabei werden Personen auch unangekündigt aufgerufen und es wird erwartet, dass die entsprechenden Seiten zuvor gelesen wurden und mögliche Aufgaben bearbeitet werden. Im Vergleich zu den Vorlesungen in Deutschland, war dies zunächst ziemlich fordernd, andererseits war es aber auch sehr hilfreich eine entsprechende Hilfestellung und Leitlinie zu haben. Insgesamt haben mir die Veranstaltungen sehr dabei geholfen, meine Selbstdisziplin und meine Organisation zu verbessern.

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Foto: Philipp, Uni Jena

In Urbana-Champaign kommt man zu fast allen Orten gut mit dem Fahrrad, wobei auch das Bussystem für eine US-Stadt äußerst gut ist. Nach Chicago, der nächstgrößeren Stadt, die ca. 200km entfernt ist, fahren jeden Tag zwei bis drei Züge und ein paar Busse, die jedoch im Vorfeld gebucht werden sollten, weil sie zum Teil auch ausgebucht sind. Nach ein paar Wochen wollte ich mit ein paar Kommilitonen einen Ausflug zu einem nahegelegenen State Park unternehmen, der wie die meisten State Parks jedoch nur mit dem Auto zu erreichen ist. Wir füllten also zügig die Online-Formulare aus und standen am nächsten Tag pünktlich bei zwei verschiedenen Mietwagenfirmen, die jedoch keine Mietwagen mehr hatten. Im Endeffekt wurde uns erklärt, dass sie die Online-Reservierungen eher als Informationsaufnahme nutzen – um sicherzugehen sollte man im Vorfeld also am besten persönlich bei den Autovermietungen nachfragen, was in unserem Fall bei einem weiteren Versuch dann auch nach ein paar kleineren Schwierigkeiten funktioniert hat.

Neben dem Studium sind in den USA die Sportveranstaltungen Höhepunkte des Unilebens. An der UIUC ist insbesondere das Basketball-Team sehr erfolgreich, wobei die Spiele des Footballteams insbesondere mit Auftritten der Marching-Band und der Cheerleader zelebriert werden. Vor den Footballspielen ist es zudem beliebt am „Tail-gate“ teilzunehmen, was einer der wenigen, wenn nicht der einzige akzeptierte Anlass ist, um auf dem Universitätsgelände Alkohol zu trinken. 

Nachdem mir mein erstes Semester an der UIUC sehr gut gefallen hatte, wusste ich, dass ich gerne meinen Aufenthalt um ein weiteres Semester verlängern würde. Glücklicherweise waren die Mitarbeitenden sowohl an der UIUC als auch an der FSU sehr hilfsbereit, sodass ich nach einigen Schwierigkeiten, die wir gemeinsam lösen konnten, für ein weiteres Semester studieren konnte – nun mit dem Ziel, das ganze Jahr mit einem LL.M.-Degree abzuschließen. Im zweiten Semester merkte ich, dass ich nun schon deutlich sicherer mit den Kursinhalten umgehen konnte und mir die Mitarbeit deutlich leichter fiel. Das zweite Semester konnte ich letztendlich Mitte Mai mit einer vorläufigen Zeugnisverleihung abschließen. Diese lief so ab, wie man sich eine Zeugnisverleihung an einer amerikanischen Uni vorstellt: Feierlicher Einzug aller Absolventinnen und Absolventen in Robe und mit Doktorhut, einige feierliche Worte, die Hauptrede gehalten von einer berühmten Person und zum krönenden Abschluss die Verleihung der Urkunden durch beide Deans und weitere Fakultätsangehörige.

Alles in allem bin ich sehr froh, dass ich die Erfahrung machen konnte, in den USA zu studieren, und war insbesondere beeindruckt von dem PCR-Testkonzept der Uni, welches eine Präsenzlehre im Jahr 2021 durchgehend ermöglicht hat. Schließlich bin ich auch sehr dankbar für das PROMOS-Stipendium, welches mir ermöglicht hat, die insgesamt etwas höheren Lebensunterhaltungskosten in den USA zu tragen.

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Foto: Philipp, Uni Jena