Andrea Esser

Prof. Dr. Andrea Marlen Esser

Professorin für Philosophie mit Schwerpunkt Praktische Philosophie
Andrea Esser
Foto: privat

Prof. Dr. Andrea Marlen Esser

»There must be more to life than having everything.«

(Maurice Sendak)

Werdegang

1989 · Studienabschluss
Ludwig-Maximilians-Universität München

1994 · Promotion
Ludwig-Maximilians-Universität München

2005 · Erste Professur
RWTH Aachen

2014 · Professur
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Interview

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin? Weshalb haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?

Sich mit Fragen und Themen, die man selbst wählen kann, über einen längeren Zeitraum intensiv und konzentriert beschäftigen zu können - das empfinde ich als ein echtes Privileg wissenschaftlicher Arbeit. Anregend ist für mich auch der Wechsel zwischen zurückgezogenem Arbeiten und dem »Getümmel« des Semesters. Und schließlich gefällt mir, dass im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen und im Austausch mit Studierenden gemeinsam Gedanken entwickelt werden können, die dann allen zur Verfügung stehen und von ihnen weitergedacht werden können.

Welche Vorbilder haben Sie beruflich geprägt?

Ich habe mir wohl von verschiedenen Personen etwas abgeschaut - mal die philosophische, mal die institutionelle Einstellung, oder die persönliche Haltung zu den Konkurrenz- und Machtverhältnissen in der akademischen Philosophie. Prägend war vermutlich auch meine Mutter, die als Leiterin einer Werbeagentur ihren Beruf mit einer großen Sicherheit und Ruhe, aber auch mit viel Energie ausgeübt hat. Mein Mann macht sich mitunter über mich lustig und meint, ich würde meinen Lehrstuhl wie eine Werbeagentur führen.

Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg zur Professur am meisten geholfen? Welche resp. wessen Unterstützung war Ihnen besonders wichtig?

Philosophisch waren es die Gespräche und das Vertrauen meines Doktorvaters, und auch der enge Austausch, den wir über viele Jahre in einer Gruppe von Doktorandinnen und Doktoranden an der LMU gepflegt haben. Die Kraft und den Rückhalt zum Weitermachen verdanke ich aber meinem Sohn, meinem Mann, meiner Tante und meinen Freunden. Sie haben mich nicht nur bestärkt, sondern auch davor bewahrt, das philosophische Arbeiten und das akademische Leben in seiner Bedeutung zu überschätzen.

Ist Ihre Karriere gradlinig verlaufen – und wie haben Sie eventuelle Umwege und Durststrecken bewältigt?

Aus der Perspektive des Erfolges stellen sich mitunter auch noch die »dornichten« Pfade und Umwege als wichtige und wunderbare Vorstufen des Erreichten dar... . Ich habe neben dem Studium als Journalistin gearbeitet - das war durchaus anstrengend, aber es hat mir immerhin die Sicherheit gegeben, dass ein Berufsleben außerhalb der Hochschule möglich und befriedigend ist. Promoviert habe ich mit Kind und zunächst als alleinerziehende Mutter, auf der Grundlage von einigen Stipendien, einer ganzen Reihe von befristeten Verträgen und ziemlich philosophiefernen Jobs. Durststrecken? Immer wieder. Was tun? Weitermachen.

Akademische Karrieren sind oftmals von einem großen Maß an Unsicherheit geprägt. War das bei Ihnen auch der Fall – und wie sind Sie damit umgegangen?

It's better to be an optimist.

Für wie wichtig halten Sie Networking in Ihrem Beruf? Gibt es eine besondere Strategie, die Sie dabei verfolgen?

Wenn man fachliche Themen und Interessen teilt, sich in der Anwesenheit der/des Andern wohl fühlt und intellektuell entfalten kann, wenn man das Gegenüber integer findet - das scheinen mir gute Gründe zu sein, um Kontakt aufzunehmen - und diesen dann auch zu pflegen. Ist dies mit Networking gemeint, dann halte ich es für eine wichtige Sache. Aber eine Verbindung nur aus strategischen Gründen ohne sachliche Substanz herzustellen, ist meines Erachtens wenig sinnvoll und bringt auf lange Sicht niemanden weiter.

Wie schaffen Sie es, einen solch anspruchsvollen und fordernden Beruf mit dem Privatleben in Einklang zu bringen?

Das ist eine Daueraufgabe und erfordert ein permanentes Ringen. Ich finde es schwierig und erlebe immer wieder, dass ich zu viele Anfragen zusage und zu viele Verpflichtungen übernehme - und dabei notorisch unterschätze, dass alles, einfach alles immer länger braucht als man (jedenfalls ich) denkt. Ich versuche dran zu bleiben und nicht im Strudel zu vergessen, was wirklich wichtig ist.

Ihre Tipps für Nachwuchswissenschaftlerinnen: Was sollten sie keinesfalls versäumen zu tun? Und was sollten sie unbedingt vermeiden?

Augen auf und durch! Es gibt keine Patentrezepte - aber es ist gewiss hilfreich, sich zusammenzutun, sich auszutauschen, sich gegenseitig zu unterstützen. Die »Shine Theory« (Ann Friedman) verfolgt ganz in diesem Sinne das originelle Motto »I don’t shine if you don’t shine«. Vielleicht kann man damit ein wenig der - zumindest in der Philosophie immer noch verbreiteten - Attitüde der »Fremdwertnegation« entgegenwirken; und dem Irrtum, dass Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen das Problem von Individuen seien, und sie individuell gelöst werden könnten.

Sind Wissenschaftlerinnen an der Universität Jena gut aufgehoben? Was macht die Universität Jena für Sie attraktiv?

Jena ist eine wunderbare Stadt in einer herrlichen Landschaft und in einer interessanten Umgebung. Ich fühle mich an der Universität, am Institut und an der Fakultät sehr wohl. Die Studierenden sind offen und lebendig. Und ich merke, dass sich die Uni um die Frauenförderung bemüht und nach Kräften Initiativen unterstützt, die den politischen Kampf um Gleichstellung und Gendergerechtigkeit verfolgen. Mindestens das ist attraktiv.

Kontakt

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