Dr. Elena Goi in einem Labor im Abbe Center of Photonics.

Schneller und energieeffizienter mit Licht

Neues Projekt »PicPhotMat« für die Entwicklung kompakter optischer Computer startet
Dr. Elena Goi in einem Labor im Abbe Center of Photonics.
Foto: Nicole Nerger (Universität Jena)
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  • Forschung

Meldung vom: | Verfasser/in: Sebastian Hollstein

Künstliche Intelligenz prägt unseren Alltag immer mehr: Chatbots beantworten Serviceanfragen, KI formuliert Texte und entwirft Bilder und Gesichtserkennung entsperrt Millionen Smartphones weltweit. Doch die dafür benötigten Computer werden immer größer, teurer und energiehungriger. Moderne KI-Modelle bringen die gängige Hardware zunehmend an ihre Grenzen – ein Problem, das sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen wird.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena wollen deshalb in einer neuen Nachwuchsgruppe optische Computer entwickeln, die nicht mit Elektrizität, sondern mit Licht arbeiten, und dafür Recheneinheiten nutzen, die so klein sind wie die atomaren Bausteine eines Kristalls. Dieses Konzept könnte die KI-Rechenleistung deutlich erhöhen und eine extrem energieeffiziente, kompakte und nachhaltige Alternative zu heutigen Supercomputern eröffnen. Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt fördert das Projekt »PicPhotMat – Strukturierte Materialien für picophotonisches analoges Computing« im Rahmen seines Programms »NanoMatFutur« mit insgesamt 2,3 Millionen Euro für fünf Jahre.

»Moderne KI-Methoden basieren auf neuronalen Netzen und erreichen eine dem Gehirn ähnliche Leistungsfähigkeit bei Aufgaben, die für traditionelle Computer eine Herausforderung darstellen, für Menschen jedoch leicht zu bewältigen sind«, erklärt Dr. Elena Goi, die Leiterin der neuen Nachwuchsgruppe an der Universität Jena. »Optische Systeme eignen sich hervorragend dafür, die großen Datenmengen, mit denen neuromorphe – also dem Gehirn nachempfundene – Systeme umgehen, schnell zu verarbeiten. Sie können komplexe mathematische Operationen an großen Matrizen, welche die grundlegenden Bausteine der KI-Algorithmen darstellen, mit deutlich höherer Energieeffizienz ausführen als herkömmliche Prozessoren und übertreffen dabei die heute üblicherweise verwendeten siliziumbasierten elektronischen Technologien.«

Eine Million Mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haars

Trotz ihres großen Potenzials sind diese neuromorphen optischen Systeme bislang noch nicht bereit für breite Anwendungen. Ein Hauptgrund: Sie lassen sich bislang nur schwer verkleinern und in großer Zahl auf einem Computerchip integrieren. Zurzeit benötigen künstliche optische Neuronen noch viel Platz auf einem Chip, selbst wenn modernste Fertigungstechniken eingesetzt werden.

Sogenannte Metamaterialien ermöglichen zwar sehr kompakte Elemente zur Informationsverarbeitung, doch diese sind typischerweise statisch und müssen für jede Anwendung maßgeschneidert werden. Für vielseitige KI-Systeme, die flexibel auf unterschiedliche Aufgaben reagieren sollen, ist das zu aufwendig. Genau hier setzt »PicPhotMat« an und sucht nach einem Weg, optische Bauelemente so miniaturisiert und flexibel zu gestalten, dass sie sich ähnlich vielseitig einsetzen lassen wie heutige elektronische Computerchips.

»Unser Projekt bringt neueste Erkenntnisse der sogenannten Pikophotonik zum Einsatz, einem Forschungsfeld, das die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie auf Abständen untersucht, die eine Million Mal kleiner sind als der Durchmesser eines menschlichen Haares«, erklärt die Physikerin der Universität Jena. »Die Interaktion von Licht und Materie in dieser Größenordnung hat das Potenzial, das Verhalten von Licht auf leistungsstarke Weise zu beeinflussen. Dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten für die Entwicklung hochkompakter, energieeffizienter und skalierbarer optischer neuromorpher Systeme.«

Mit dieser besonderen Technologie will das Projekt »PicPhotMat« den Weg zu einer nachhaltigen und leistungsstarken KI-Hardware für die Zukunft öffnen. Die Forschenden wollen Chips entwickeln, die weniger Energie benötigen und gleichzeitig deutlich mehr leisten als heutige Systeme. Zudem soll das Projekt neue Einblicke darin liefern, wie Licht und Materie auf kleinster Ebene zusammenwirken – Wissen, das langfristig völlig neue technische Möglichkeiten eröffnen könnte.

Kontakt:

Elena Goi
Professur Angewandte Physik/Nanooptik
Abbe Center of Photonics, Raum 308
Albert-Einstein-Straße 6
07745 Jena Google Maps – LageplanExterner Link