Turku, Finnland (international)
Turku Teacher Training School, Finnland (Sport, Wirtschaft/Recht)
Sonnenaufgang am Sportplatz
Foto: Aus dem ErfahrungsberichtZeitraum: Januar 2025 - Mai 2025 (SoSe 2025) | Schulinfos: hierExterner Link
Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Die regelmäßigen und fristgerechten Veranstaltungen des ZLB der Friedrich-Schiller-Universität Jena ermöglichten es mir, mich etwa 1,5 Jahre vor Praktikumsstart umfassend über alle Partnerschulen der Universität zu informieren, Voraussetzungen zu klären und Ansprechpartner zu finden. Etwa 1 Jahr vor Beginn des Praxissemesters im Ausland (PSA) lernte ich schriftlich und in Videokonferenzen die zuständige Schulleiterin der Turku Teacher Training School kennen, kurz danach konnte ich alle erforderlichen Unterlagen einreichen. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf den parallel laufenden Fristen für eine etwaige Erasmus+ Bewerbung liegen, da die schulischen und universitären Unterlagen dafür rechtzeitig in entsprechender Form (Vorlage oder unterschrieben) eingereicht werden müssen. Auch die Dauer zur Beantragung eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses sollte nicht unterschätzt werden.
Durch die Zugehörigkeit Finnlands zur Europäischen Union werden keine Visa o.ä. benötigt. Erforderlich ist hingegen das Abschließen einer, auf Praxisaufenthalte im Ausland ausgelegten, Reisekrankenversicherung. Die Angebote des DAAD (z.B. Tarif 720 07) bieten in diesem Fall oft die unkompliziertesten und günstigsten Alternativen.
Die Anreise nach Turku kann mit Flugverbindungen über Riga oder alternativ der Fähre von Lübeck bis Helsinki erfolgen. Folgende Zugverbindungen innerhalb Finnlands sind dabei verlässlich, die Strecken zwischen den Großstädten oft günstiger als Fernverbindungen in Deutschland und dabei immer mit einer Sitzplatzreservierung versehen. Das lässt sich neben der An- und Anreise vor allem für Reisen innerhalb des Landes nutzen.
Das Schuljahr in Finnland ist grundsätzlich in 5 „Periods“ unterteilt, die Präsenzzeiträume deshalb etwas anders als in Deutschland. Das erste Halbjahr beginnt dabei im August und endet mit der Weihnachtsunterbrechung, das zweite startet im Januar und dauert bis Ende Mai. Herausfordernd wird dieser Umstand besonders in Bezug auf den Vorlesungszeitraum der FSU Jena. Durch frühzeitige Absprachen mit Dozierenden lassen sich allerdings unter Umständen zumindest für einige Klausuren Sonderregelungen finden. Für einige Sportkurse gibt es hingegen evtl. die Möglichkeit, die fehlenden Wochen am Ende des Semesters nach Rückreise zu beenden.
Unterkunft
Da die Praktikumsschule leider keine Kapazitäten für Wohnungen oder Wohnungsvermittlungen hat, empfiehlt es sich, bereits frühzeitig nach einer eigenen Unterkunft zu suchen. Sinnvoll ist dabei die Kontaktaufnahme mit der universitären Wohnungsgesellschaft „TYS“, die WG-Plätze zwar grundsätzlich nur an eingeschriebene Studierende der Turku University vergibt, im studierendenärmeren Sommersemester aber unter Umständen auch Restplätze an Praktikanten der Schule vermietet. Durch diese Absprachen konnte ich im Stadtteil Varissuo, zwar außerhalb des Stadtzentrums, aber nur etwa 3 Fußminuten von der Turku Teacher Training School entfernt, eine gut ausgestattete 2-Personen-WG für etwa 360€/Monat mieten. Sollten die Wohnheimplätze nicht verfügbar oder schon vergeben sein, finden sich in ganz Turku Apartments, u.a. über „Hiisi Homes“.
Finanzen
Zur oben genannten Miete, die bei anderen Wohnungen/Apartments abseits des studentischen Wohnens durchaus doppelt so hoch ausfallen kann, kommen verschiedene weitere monatliche Ausgaben. Die Lebensmittelpreise in Finnland liegen dabei für die meisten Produkte über denen in Deutschland, sodass dafür mit etwa einem Drittel mehr Ausgaben gerechnet werden sollte. Der öffentliche Nahverkehr außerhalb der angesprochenen Fernverbindungen mit Zügen ist zwar sehr gut ausgebaut, allerdings auch teurer als in Deutschland. Je nach Bedarf lohnen sich allerdings evtl. Tickets, die im Voraus für eine bestimmte Tagesanzahl mit entsprechendem Rabatt gebucht und sowohl für Bus als auch für Fahrräder genutzt werden können.
Eine Fördermöglichkeit außerhalb von Auslands-BAFöG bietet Erasmus+. Mit einem derzeitigen monatlichen Länderzuschuss von 750€ für Finnland für vier Monate sowie möglichen Top-Ups und einer sehr hohen Bewilligungsquote gewährleistet dieses Stipendium eine gute finanzielle Basis für die Praktikumszeit. Für etwaige bezahlte Vertretungsstunden an der Schule lohnt sich unter Umständen ein finnisches Konto, das aber nicht zwingend notwendig ist. Zu beachten ist allerdings, dass schon eine einzelne Arbeitsstunde das Ausfüllen sämtlicher steuerrelevanter Unterlagen des Praxislandes nach sich zieht.
Leben an der Schule
Neben der bereits erwähnten zuständigen Schulleiterin, die auch während der Praxissemesterzeit stets in Präsenz sowie via Mail erreichbar ist, unterstützt das gesamte Kollegium einschließlich der zugeordneten Mentorinnen und Mentoren bei Fragen und Problemen. Insbesondere die als selbstverständlich wahrgenommene Kommunikation auf Augenhöhe sowie viele, auch außerunterrichtliche Gespräche, die über Arbeitsfragen hinausgehen, tragen zu einer sehr angenehmen Alltagsatmosphäre bei.
Nach einer ausführlichen Einführung der Praxisabsolvierenden erfolgen auch die Hospitationen und eigenen Unterrichtsversuche sehr strukturiert und abgestimmt. Zwar besteht sehr früh nach Beginn des PSA die Möglichkeit, im Fach Sport selbst zu unterrichten. Falls man zunächst ausschließlich hospitieren möchte, dann kann das mit dem Mentor abgesprochen werden.
Im Rahmen des Praxissemesters im Ausland erlebte ich das erste Mal eine Schule mit einer sehr hohen kulturellen und sprachlichen Heterogenität. Rückblickend bin ich diesem Umstand sehr interessiert und ein wenig beobachtend begegnet, weil zunächst schwer einzuschätzen war, inwieweit das Zusammenlernen so vieler verschiedener Nationalitäten konstruktiv erfolgt oder zu Konflikten führt. Nach nur wenigen Tagen und bis zum Ende meiner Praktikumszeit erkannte ich jedoch, dass die Schulleitung und alle Beteiligten mit diesen Rahmenbedingungen durch einen von allen Lehrenden und Lernenden getragenen Wertekatalog sowie eindeutiger Regeldurchsetzung erfolgreich umgehen. Die damit einhergehenden möglichen Herausforderungen sind zwar sehr genau bekannt und werden beachtet, der vorherrschende Grundgedanke bezieht sich jedoch vordergründig auf die Chancen, die Heterogenität in den Schulalltag bringt. Nach meiner Wahrnehmung erreicht die Schule so ein Bewusstsein bei allen am Schulleben Beteiligten, das sehr viel mehr von Wertschätzung und gegenseitigem Respekt aller geprägt ist, als ich das bisher oft erlebt habe.
Die gesamte Schule, in deren Lerngruppen etwa 20-25 Lernende unterrichtet werden, bietet eine hervorragende technische Ausstattung. Jeder Lernende ist mit einem Schullaptop ausgestattet, alle Klassenzimmer bieten ein Whiteboard, ein Smartboard und oft einen zusätzlichen Bildschirm. Besonders für die oft in Gruppenarbeitsplätzen eingerichteten Klassenzimmern ist dieser hilfreich. Technischer Support ist dauerhaft persönlich vor Ort. Darüber hinaus trägt die weitere Ausstattung der Schule, zwei Turnhallen, ein Fitnessstudio, eine moderne Aula mit Flügel, ein Kunstrasenplatz mit angrenzendem Disc Golf-Parcours sowie zwei unterirdische Eislaufflächen, zu besonderen Nutzungsmöglichkeiten für den Unterricht und die eigene außerunterrichtliche Benutzung bei.
Freizeit
Neben dem Erasmus-Netzwerk in Turku, das viele Veranstaltungen, Ausflüge und Vernetzungsmöglichkeiten bietet, sind vor allem die öffentlich nutzbaren Sportanlagen zu einem sehr geringen Preis (etwa 50€/6 Monate für die Nutzung verschiedener Schwimm- und Leichtathletikhallen, Freibädern und Fitnessstudios) nutzbar. Die rund um Turku gelegenen Inseln und Naturreservate bieten eine Vielzahl an Ausflugsmöglichkeiten. Sehr oft finden sich dabei an entlegenen, ruhigen Orten einzigartige Saunen. Abseits von Turku bieten Tampere und Helsinki, für Wintersportbegeisterte auch Lahti, gut erreichbare Ziele. Ein Trip nach Lappland sollte dagegen frühzeitig geplant werden, da er viel Zeit in Anspruch nimmt.
Allgemein
Aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen des Schullebens bietet es sich an der Turku Teacher Training School besonders an, auch fachfremde Stunden zu hospitieren. Das bringt insbesondere die Möglichkeit mit sich, die Lernenden eigener Klassen weiter zu begleiten, einen noch umfassenderen Einblick in den schulischen Alltag zu bekommen sowie die eigenen Unterrichtserfahrungen im Hinblick auf das internationale Abitur, das nationale finnische Schulsystem oder den Deutschunterricht im Ausland auszuweiten.